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Wissen wir etwas über Europa oder nur über Fußball?

Dreizehn vor vier und Holland gewinnt zwei zu null gegen Dänemark.

Das ist mir egal, ich weiß sowieso nur, dass Dänemark zu Skandinavien gehört und Holland irgendwas mit Benelux zu tun hat. Das ist, glaube ich, die Firma, die damals Kopenhagen gebaut hat, Kopenhagen gefällt mir aber überhaupt nicht. Dreimal war ich da. Dreimal bin ich wieder weg gegangen und habe mir gesagt, ich gehe nie mehr nach dort. Manche sagen, die Stadt wäre toll, andere sagen, sie waren noch nie da. Ich finde Kopenhagen langweilig und unspektakulär. Das hat nichts mit Dänemark zu tun und nichts mit dem Dänen an sich. Kopenhagen halt. Die Dänen haben eben das Pech, dass die Stadt in ihrem Land liegt.

Und Holland? Tulpen, Drogen und ein paar Ländereien unter Normalnull. Es heißt, irgendwann gibt es Holland nicht mehr. Oder zumindest: Von Holland gibt es nur noch eine Miniaturausgabe. Maßstab 1:20 sozusagen. Der Rest ist dann Nordsee. Oder Atlantik. Wie gesagt, Benelux und da verließen sie ihn. Ach doch, irgendwer hat mal den Rudi Völler angespuckt. Das war damals, aber ich weiß nicht mehr genau wann. War, glaube ich, auch bei einer WM. Ja, das ist mein Bild von Holland gegen Dänemark. Spucken, Drogen und Tulpen gegen Kopenhagen. Liegt vielleicht daran, dass ich mich wenig für andere interessiere. Liegt vielleicht auch daran, dass nie was Besonderes publiziert wird über Dänemark oder Holland. Dänische Milch, dänisches Gebäck und der Film Dänische Delikatessen. In Anlehnung an Jeunets Film Delicatessen. Hab ich auch nie gesehen, obwohl der aus Frankreich kommt.

Die Franzosen machen manchmal gute Filme, haben aber ein bescheidenes Verhältnis zu ihren Nachbarn im Osten. Nachnazipatriotismus nenne ich das mal. Könnten sich aber ruhig mal was abgucken bei den Polen. Die Polen waren damals ja die Ersten die es erwischt hat. Klar, die haben uns ja auch angegriffen, hat zumindest der Adolf gesagt, und trotzdem sind die nicht nachtragend. Man munkelt, so Schmuckstücke aus der Nazizeit wären da sehr begehrt. Orden, Abzeichen, Zeug halt. Finden die toll. Die Holländer auch. Alte Runen, wehende Fahnen und so. Aber die Franzosen ... die sprechen nicht mal an ihren eigenen Flughäfen englisch. Sollten eigentlich nur von Reunion aus angesteuert werden. Oder von Französisch-Guayana. Wundert mich, dass die Franzosen uns Deutsche überhaupt rein lassen. Die erhalten ihr Städtchen Oradour-sur-glane so wie es die Nazis zurückgelassen haben. Ziemlich kaputt. Ein Mahnmal soll das sein. An 642 niedergemetzelte Dorfbewohner, darunter 207 Kinder. Das ist jetzt gut 66 Jahre her. 10. Juni halt. 1944, wann sonst?

Oradour wurde ganz in der Nähe wieder aufgebaut. Das Original mit seinen Ruinen beherbergt heute eine Gedenkstätte. Sollte eigentlich jeder mal hinfahren und eine Nacht lang zelten. Vor allem jeder der scharf ist auf die ganze Neonazi- und Parolenscheiße. Und das Ende vom Lied. Jedes mal wenn ich ins Land der Weine und Käse und Autobahnmaut fahre, habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ein Deutscher bin. Schöne Bescherung. Aber nur am Rande.

Frankreich hat also meines Wissens wenig mit Dänemark zu tun. Irgendwann werden die mal bei einer EM oder WM gegeneinander gespielt haben. Wer gewonnen hat weiß ich nicht, ob jemand gespuckt hat weiß ich auch nicht. Mit Holland haben sie wenigstens eine Ländergrenze, oder nicht? Ach verdammt, ich glaub nicht mal das. Wenn mich nicht alles täuscht, haben sich die Belgier da noch zwischengeschoben. Vermute ich. Belgien ist bei der WM nicht dabei. Hat der Advocaat nicht geschafft. Das liegt aber nicht an den vielen Pädophilen im Land oder an den guten Pommes. Das liegt daran, dass Belgien zwar ein Königreich ist, aber eben keine Fußballnation.

Was ich von Belgien weiß? Nur Marc Dutroux. Der Name ist geläufiger als der von König Albert II. Der Fall Marc Dutroux ist so unterhaltsam und spannend wie David Peace’ ‚Red Riding Quartett’. Dutroux ist eigentlich ein echter Kinogangster. Besser als John Holmes. Der Fall, die Verhandlung, die ganze Vorgeschichte sind eine kriminalistische Absurditätenoper, der man im Kino kopfschüttelnd begegnen würde, weil unglaubwürdig. Da verhungern weggesperrte Mädchen während der U-Haft des Entführers, da sterben Zeugen wie die Fliegen, da begehen Staatsanwälte Selbstmord, da flieht ein bewaffneter Kinderschänder aus dem Gerichtsgebäude. Dieser Kinderschänder soll übrigens auch Polizeiinformanten entführt und gefoltert, slowakische Nutten vergewaltigt und mit Drogen gedealt haben. Er lebte zuletzt von einer staatlichen Rente, weil ihm sein früherer Gefängnisaufenthalt Erwerbsunfähigkeit auf Lebenszeit bescherte. Das einzige, was Dutroux nicht war, ist ein Pädophiler. Sagen die Psychodoktoren in ihrem abschließenden Gutachten. Das kann auch durchaus stimmen. Kinderpornografie produzieren und Geld damit verdienen hat nicht zwingend zu tun mit sexueller und geistiger Haltung. Aber egal. Aus dem Stoff machen Hollywoodregisseure fünf Filme. Mindestens. Also David Peace lesen und Bescheid wissen. Auch wenn der eigentlich in Tokio lebt oder lebte und seine Romane 1974, 1977, 1980 und 1983 in England spielen. Soviel zu Belgien. Und Tim und Struppi. Ach noch was: Belgien hat Autobahnen mit Straßenlampen dran. Die leuchten nachts. Das ist doch auch sehr schön.

Belgien grenzt nicht an England, deswegen darf England auch an der WM teilnehmen. Ihr Auftaktspiel gegen die USA war ebenso ideenlos und lahm wie das Spiel Italien gegen Paraguay. Der italienische Torwart Buffon musste wegen Ischias ausgewechselt werden. Alte Männer im Tor halt. Was hätte Buffon im Wilden Westen gemacht? Der wäre auf keinen Gaul mehr gekommen. Sollten England irgendwann im Laufe der WM gegen Italien spielen, plädiere ich dafür, dass man ein paar Bierzeltgarnituren auf dem Spielfeld aufbaut. Da können sich die Spieler ausruhen, wenn es mal zu anstrengend wird.

Gemeinhin finde ich, die nächste WM sollte via Playstation bestritten werden. Jedes Land stellt einen Spieler zur Verfügung und dann wird das Match an der Mattscheibe ausgetragen. Das bietet die Möglichkeit auch mal auf Pause zu drücken, wenn der Lendenwirbel zwickt.

England ist übrigens auch ein Königreich, so wie Belgien oder Dänemark. Das kommt jetzt überraschend, ich weiß, aber die haben eine Königin. Und diese Königin ist nicht nur die Königin vom Vereinigten Königreich, nein, sie ist auch Staatsoberhaupt von Kanada, Australien und Neuseeland, von Barbados und Jamaika, den Bahamas und ein paar anderen Inselstaaten irgendwo auf der Welt. Ich habe da den Überblick verloren. England hat auch Hooligans. Und die Themse. Der Großglockner gehört zwar nicht den Engländern, aber der Big Ben und so ich mich nicht irre auch Miss Marple.

Was hat England noch? Keine Ahnung, hatten mal ’nen Churchill, der war ein Sir und sah ein wenig aus wie ein Mops. Der Hund: Mops. Übrigens auch ein Engländer. Findet seinen Ursprung allerdings im Kaiserreich China. Das ist lange her und wie die Engländer so sind, wollen sie ja alles haben, so erlangten sie also auch hier das Patronat. Ob Churchills Vorfahren auch aus China stammen ist nicht überliefert. Mehr weiß ich von England nicht. Da war mal was mit Diana Spencer, Spencer hat irgendwas mit der Muppet Show zu tun. Hallo Spencer! Ach nee, war dann doch was anderes. Diana war die Handpuppe vom Charly. Charly steht auf benutzte Tampons. Diana fährt voll auf Betonpfeiler ab. Das klingt jetzt geschmacklos. Tut mir leid. Die unterschiedlichen Interessen sorgten letztendlich auber auch für das Zerwürfnis des Paares. Diana wurde zur Königin der Herzen und Charly konnte es sich nicht leisten, seine Ohren annähen zu lassen, weil das Volk ihn zu lange schlappohrig kannte. Dann ist da noch der William, der geht in Naziuniform auf Partys und huldigt dem Alkoholexzess.

Ich finde ja, auch Angehörige eines Königshauses sind nur Menschen. Verderbte sexuelle Praktiken gehören da ebenso zum Leben wie Kleiderfetischismus und Intrigen mit Todesfolge. Manche schlagen gerne ihren Sexualpartner, manche stehen auf Atemkontrollspiele, andere mögen die Krankenschwesteruniform. Warum also nicht auch im Königshaus. Alles Menschen. Die Schande ist doch eher, dass die Presse hier in besonderem Maße ihre Aufmerksamkeit auf alles richtet, was in jedem Durchschnittshaushalt Tagesordnung ist.

Tja, was gibt’s noch in Europa. Keine Ahnung. Deutschland natürlich. Was man von Deutschland weiß, weiß ich nicht. Gemeinhin ist Deutschland das Land der Hitler, der Porsche und Trachten. Franz Beckenbauer vielleicht noch. Fertig. Ich weiß von Deutschland nur, dass ich hier lebe. Und dass die Atomkraftwerkanlage Biblis öfter kaputt ist als funktionsfähig. Ach ja, und dass wir mal ne Mauer hatten. Die hat das amerikanisch-französisch-englische Deutschland vom russischen Deutschland getrennt. Die meisten Deutschen sagen, das hätte auch so bleiben sollen. Ich bin da wertefrei. Ohne den Untergang von Russischdeutschland hätten wir keine Semperoper, keinen Zwinger und die Sächsische Schweiz würden wir allenfalls von einer Postkarte her kennen. Auch der Plattenbau wäre nur ein moderner Mythos, von dem niemand wüsste, ob es ihn wirklich gibt. Friedrichshain wäre Schießzone. Wir hätten keine Ossiwitze, Goodbye Lenin wäre nie gedreht worden und die Staatseinnahmen aus dem Solidaritätszuschlag hätten keine Grundlage mehr, Achim Mentzel würde nicht im MDR auftreten und die Mecklenburgische Seenplatte würde nicht zum Touristenziel erklärt.

Deutschland hat übrigens Ländergrenzen mit Belgien und Frankreich, Holland und Dänemark. Die Welt ist klein. Echt. Aber Belgien ist bei der WM ja nicht dabei. Frankreich schon, ist als einziges der erwähnten Länder aber kein Königreich. Komisch.

Die Grenze zu Russischdeutschland ist, glaube ich, 1989 gefallen. Da war ich zwölf, deswegen weiß ich das nicht so genau. Seitdem ist es auf jeden Fall ein Einheitsdeutschland. Deswegen liegt nun auch östlich von Deutschland das schon erwähnte Polen. Quasi die, die damals den zweiten Weltkrieg angezettelt haben. Klaus Kinski wurde in Danzig geboren. Gehört heute auch zu Polen. Ist, glaube ich, eine Stadt. Könnte auch eine Musikband sein. Weiß nicht mehr. Alles andere östlich von Deutschland hat so oft seine Namen geändert, dass ich nicht mehr sicher bin, welche Länder es da noch gibt. Die Hauptstadt von Polen ist, glaube ich, Warschau. Warschau liegt nördlicher als London. London ist die Hauptstadt von England und England liegt soweit südlich, dass ich immer wieder überrascht bin, wenn ich auf eine Weltkarte schaue. Berlin liegt noch nördlicher als Warschau und Flensburg liegt schon auf Höhe Belfast. Das ist Nordirland, aber da ist Elisabeth ja auch die Königin von.

Der König von Polen ist jüngst mit seinem Flugzeug abgestürzt. Irgendwo bei Smolensk. Mit seiner Tupolew. Beides Russen übrigens. Das Flugzeug und die Stadt. Die Polen haben jetzt einen kommissarischen König. Vielleicht sollten sie das Amt an Elisabeth verkaufen. Die hat da Ahnung von.

Von Polen weiß ich gar nichts. Warschau gab es 1944 sozusagen nicht mehr. War ziemlich abgefackelt und weggesprengt worden. Das Monstrum Stalinhitler hat sich Polen aufgeteilt. So wie später Deutschland geteilt wurde. Links mir, rechts Dir. Auffällig ist, dass nie nach oben und unten verteilt wird, sondern immer nur links und rechts. Hat sicherlich christlichen Ursprung, das Brot wurde in der Mitte geteilt, aber nicht quer. Ist ja auch scheiße auseinander zu reißen. Naja, mehr oder weniger jedenfalls. Preußen und Ostoberschlesien lagen ja doch recht vertrackt auf der Landkarte verteilt. So genau konnte man da also gar nicht teilen. Und das was man geteilt hat, sah am Ende dann doch aus wie ein quer durchgerissenes Stück Jesusbrot.

Tja, das ist also Europa. Ein Europa voll komischer Länder mit unaussprechlichen Namen, mit absurden Eigenheiten und bizarrer Vergangenheit und Gegenwart.

Von der Gegenwart zum Torwart. Buffon hat also Ischias, Hape Kerkeling ist kein Italiener, sonst hätte er sich ins Tor stellen können. Neuer hat noch kein Tor kassiert, Olli Kahn kommentiert mit Katrin Müller-Hohenstein, die den Reichsparteitag auf dem Fußballplatz philosophiert, worüber sich sofort wieder ein paar Partisanen erzürnt haben. Daraufhin kam eine Entschuldigung vom ZDF und von der Moderatorin selbst und - ganz erstaunlich! - der Dieter Graumann, seines Zeichens Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hat im Vorfeld bereits geschlichtet und weist darauf hin, dass dies kein Fall für hysterische Reaktionen sei. Respekt!

Der innere Reichsparteitag ist im Nachnazideutschland ein geflügeltes Wort. Dreiviertel derjenigen, die es verwenden, wissen allerdings gar nicht, worauf sie sich beziehen. Sie beschreiben damit in aller Regel die himmlische Offenbarung von Geist und Seele, wie beim Klose halt, nach seinem Kopfballtor, von Mengen umjubelt, der Diktator im Fünfmeterraum halt. Die eigentlichen Reichsparteitage fußen auf den Veranstaltungen der NSDAP, die insbesondere ab 1933 Megaevents waren. Leni Riefenstahl oder Love Parade in China. So die Richtung. Die Partei huldigt sich selbst und die Gläubigen knien nieder und finden alles geil. Optisch ist es zweifellos ein echter Hingucker gewesen. Megaparade, Megaaufmarsch und so akkurat, dass die Truppen mit dem Lineal eingezeichnet scheinen. Das hat Wucht, das bringt was zum Ausdruck. Megachoreografie, Detlef D. Soost wäre neidisch. So oppulent sind noch nicht einmal die Demonstrationen in Frankreich. Kennt man eigentlich nur aus China. Den Aufmarsch, meine ich, nicht die Demonstrationen. Demonstrationen in China dürfte es aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht geben, denn China ist mittlerweile ja eher vom Kaiserreich zum dritten Reich verkommen.

Trotzdem will ich nochmal den Dieter ausdrücklich loben, weil ich finde, dass der hier wirklich sehr objektiv in die Sache einsteigt. Dass er überhaupt einsteigen muss, lassen wir mal dahingestellt. Warum wir erwartet hätten, dass es wieder eine tagelange Diskussion um einen Affront gibt, lassen wir auch mal dahingestellt. Gibt es ja scheinbar nicht. Toll. Genau der Ansatz, um zu mindern, vermeiden oder sich zu lösen von dem Prädikat und der Einschätzung, die ich in meinem Essay „Die spinnen, die Juden!“ aufgezeigt habe.

So bleibt also wieder ein Funke. Hoffnung. Wir wachsen zusammen, wir werden unity. Wir machen love und peace. Nokia versucht’s mit connecting people, unser Land hat’s mal versucht mit Du-bist-Deutschland, ist allerdings gescheitert wegen der Länderbeschränkung, die EU versucht’s jetzt mit Kommission ohne Ende. Wir werden one world und eines Abends sitzen wir alle zusammen, haben den Begriff Reichsparteitag fast vergessen, und blicken zurück auf all die Vergangenheiten von all den Ländern, die wir einmal waren, mit all den Verbrechen und Schanden und wir erkennen, dass niemals ein Land besser war als das andere, dass jedes auf seine Weise grausam war und dann liegen wir uns in den Armen und pfeifen ein Lied, während auf dem Bildschirm das WM-Finale Europa gegen Papua-Neuguinea stattfindet. Ach nein, Papua-Neuguinea wird ja zum australischen Kontinent gezählt und Elisabeth ist offizielles Staatsoberhaupt, allerdings nicht britisch sondern als Königin von Papua-Neuguinea. Klingt ja auch anspruchsvoll. Da sollte mittels Kommission noch einmal geklärt werden, ob Papua-Neuguinea als autonomer Staat mit totaler Souveränität nun für Europa spielen muss oder doch eigenständig bei dem Turnier antreten darf. Das kann dauern. So lange spielt Europa eben gegen die Vereinten Staaten von Südamerika.

Noch eine Randbemerkung: Europa ist ja bekanntermaßen ein Subkontinent und bildet als solcher den westlichen Teil der eurasischen Landmasse. Ein echter Kontinent ist Europa also nicht. Wird es auch nicht werden, wenn alle Länder Europas zu Europaland verschmelzen. Da müsste schon irgendwer irgendwo beim Uralgebirge anfangen die Platte abzuschneiden. Genau genommen gibt es nicht einmal eine geografische Grenze zwischen Europa und Asien. Wo am Uralgebirge also gebohrt werden sollte, bleibt eine Frage der Völkerverständigung. Diese scheint aber recht gut zu funktionieren, denn die Republik Zypern gehört geografisch gesehen zu Asien und nicht zu Europa, ist aber trotzdem in der Europäischen Union. Wenn wir Europäer den halben Ural mitnehmen und zufällig ein bisschen asiatisches Russland dabei sein sollte, wäre es also kaum dramatisch für die Restasiaten. Außerdem behält Asien ja rund 95 Prozent von Kasachstan. Nur die westlichsten 5 Prozent nehmen wir mit. Die sind eindeutig europäisch! Kein Scherz, solange man Europa nach Philip Johan von Strahlenbergs Definition abgrenzt. Der war übrigens Schwede.

Schweden liegt ziemlich im Westen von Europa, wenn man bedenkt, dass sich der Osten von Europa bis nach Kasachstan erstreckt. Kasachstan ist so ziemlich mittig gelegen auf der eurasischen Festlandplatte. Der Strahlenberg ist 1747 gestorben. Das ist also alles ein Weilchen her mit der Kontinentalvermessung und diese selbst fußt auf ziemlich alten Messdaten und -methoden. Trotzdem wurde sie vom russischen Zaren akzeptiert und von der heiligen Wissenschaft übernommen. Das war 1730. Und ist bis heute gültig. Es gibt auch noch eine andere Grenzdefinition, aber nach der gehören sogar Teile Aserbaidschans zu Europa.

Da bleiben wir dann doch lieber beim Schweden. Abba und so. Öresund. Stockholm. Pippi Langstrumpf. Mehr fällt mir zu Schweden nicht ein. Gelber Haken auf blauem Grund. Oder Kreuz. So sieht, glaube ich, die Nationalfahne aus. Ach und noch was. Ikea. Logisch. Und Anna Lindh, Außenministerin a.D., weil erschossen. Wenn ich mich recht entsinne gab es auch mal einen Aufruhr wegen undichter Atomkraftwerke. Müsste so 2008 plus/minus gewesen sein. Stand so ein Ding kurz vor der Explosion. Wie bei Loriot halt, nur im Maßstab 1:1. Naja, das kennen wir Deutschen ja. Wir stehen ja auch öfter mal kurz vor knapp. Schweden ist übrigens auch ein Königreich. Wahnsinn. Teilt aber keine Ländergrenze mit Frankreich. Dafür die Öresundbrücke mit Dänemark. In der Hauptstadt kann man Inselhopping machen. Und Elche! Aber nicht in Stockholm. Die Straßen sind total breit und immer sehr leer, außer man nähert sich besagtem Stockholm oder kommt gerade erst aus Richtung Dänemark, die Ländergrenze überfahrend. Da ist noch was los.

Ja, das war’s. Fertig mit Schweden. Mehr weiß ich nicht. Auch so ein Skandinaviending. Legoland wäre fast die Hauptstadt geworden, wenn nicht so ein bekloppter aber findiger Däne das Lego zuerst erfunden hätte. Warum die Dänen trotzdem so ein ödes Kaff wie Kopenhagen als Hauptstadt ernennen und darauf verzichten Legoland zu bauen, wird für immer ein Rätsel bleiben.

Lirum larum Löffelstiel. Am Ende wird es schwierig noch einen Gegenspieler für die Nationalmannschaft des Vereinigten Europas zu finden. Da blieben die Russen, die sicherlich kein Interesse an einer Vereinheitlichung ihres Landes haben und Europa deswegen allenfalls den behaarten Arsch ins Gesicht strecken, sicherlich aber nicht infolge teilländlicher Kontinentaleuropaausdehnung den Euro einführen werden. Und dann halt so Sachen wie Südamerika und Afrika. Wobei gerade in Afrika so viele Kronkolonien und Herrschaftsländereien existieren, dass am Ende auch nicht mehr viel übrig bliebe ohne einen Bezug zum guten alten Europa herzustellen. Bleibt also die Frage, ob sich Fußballeuropa nach geografischen oder nach politischen Begebenheiten definieren sollte.

Israel liegt zum Beispiel irgendwo zwischen Afrika und Asien, nimmt aber am Grand Prix d’Eurovision teil. Kasachstan gehört wie Russland geografisch teilweise zu Europa. Das haben wir ja gerade gelernt. Trotzdem tat sich noch nie die Frage auf, ob einer der beiden Staaten vielleicht mal Mitglied der EU werden möchte. Zypern gehört geografisch überhaupt nicht zu Europa, ist kulturell aber so damit verwachsen, dass sie in der Europäischen Union aufgenommen wurden. Alles für’n Arsch, könnte man meinen.

Israel liegt im Nahen Osten, der umfasst begriffsdefinitionsmäßig das ehemalige osmanische Reich außerhalb Europas. Es handelt sich aber auch um das so genannte Vorderasien und Israel oder um den Orient, oder das Morgenland. Mit Begriffen, Beschreibungen, Definitionen ist es also etwas schwierig geworden. Der Nahe Osten liegt zum Beispiel in Afrika und in Asien, eben dem Vorderasien. Die Israelis sind aber viel europäischer als zum Beispiel die Bewohner der Arabischen Halbinsel. Deswegen singen sie wahrscheinlich auch für den Grand Prix, während die Araber lieber nach Öl bohren. Unter der Prämisse sollten wir gegen die Israelis aber auch nicht Fußball spielen, oder? Nehmen wir dann doch lieber die Kasachen? Fünf Prozent Europa, null Prozent europäische Kultur. Das könnte hinkommen. Liegen wir uns also in den Armen, pfeifen ein Lied und schauen Europa gegen Kasachstan im Fernsehen.

Ja, so geht’s dann vielleicht.

Also, nix wie Anstoß, bevor Kasachstan beim Grand Prix antritt!

Knipp, 14.06. & 15.06.2010